Vorab eine interessante Zahl: Die USA haben im Vietnamkrieg auf das kleine Land Laos (mit dem sie offiziell niemals im Krieg waren) sage und schreibe 2,5 Tonnen pro Einwohner(!) an Sprengsätzen abgeworfen. Auf Laos sind somit mehr Bomben gefallen, als im gesamten 2. Weltkrieg auf Deutschland und Japan gemeinsam.

Man fährt wieder rechts, tatsächlich muss ich mich daran gewöhnen. Heute will ich nur ein paar Kilometer weiter in die Hauptstadt. Dort in Vientiane kenne ich noch von früher ein paar Hotels und zahlreiche kleine Restaurants direkt am Fluss. Die Ernüchterung ist dann groß, als ich sehe, dass der Uferstreifen eine einzige große Baustelle ist. Die Preise der Hotels direkt am Mekong haben saftig angezogen. Auch scheint irgendein Sicherheitskongress am Laufen zu sein. Soldaten, die offensichtlich irgend jemanden bewachen, überall.

Doch im Sonnenuntergang bei Larb, Klebreis und Beer Lao erscheint alles in sanften Rottönen. Der Fluss strahlt eine unglaubliche Ruhe aus, Entschleunigung.

Das gilt ganz besonders auch für den Verkehr. Die nächsten Tage lasse ich mich entlang des Mekong nach Süden treiben. In Vieng Kham biege ich nach Osten ab. Hier gibt es eine Piste durch den Dschungel entlang der Vietnamesischen Grenze. Ein Passieren der tiefsten Stelle ist wegen Überschwemmung durch den Nam Theun nur in der Trockenzeit möglich, verrät die Karte. Die Regenzeit geht gerade zu Ende und ich bin sehr neugierig auf den Straßenzustand.

Anfangs eine hervorragend präparierte Piste mutiert die Straße immer mehr zur Holperstrecke, je weiter es in den Dschungel hineingeht. Tropenholz wird hier geerntet. Die Laster haben während der Regenzeit tiefe Rillen im Boden hinterlassen, ihn durchpflügt, wie einen Acker.

Jetzt ist der Weg trocken und fest doch die Riefen, Löcher und Bodenwellen, gefüllt mit Zweigen, Geröll und loser Erde erfordern die ganze Aufmerksamkeit. Zudem ist es heiß.

Eisern trage ich meine Enduroklamotten. Hier eine offene Wunde durch einen Sturz muss nicht wirklich sein. Schließlich komme ich zum Fluss, der einer wahren Seenlandschaft gleicht. Stämme abgestorbener Bäume stehen Zahnstochern gleich aus dem Wasser. Die Landschaft ist bizarr und traumhaft schön. Das Wasser steht unterhalb des Damms über den die Piste verläuft. Diese ist nun Autobahnähnlich, man kann es laufen lassen.

In Savannakhet treffe ich in einem Guesthouse das erste Mal seit langem wieder auf westliche Touristen. Mit einem Paar aus der Schweiz komme ich ins Gespräch. Die beiden sind mit einem Tandem unterwegs und über Monate hinweg bis hier her geradelt. Dagegen ist das, was ich mache, Kindergarten.

So schön das Land ist, irgendwann wiederholt sich alles. Dschungel links, Fluss rechts. Zwei Sachen möchte ich jedoch auf jeden Fall noch sehen, Wat Phou, auf der gegenüber liegenden Seite vom Mekong, und die Mekong-Fälle.

Pakxe wartet mit einer Brücke auf, doch um etwas Spannung in die Tempelbesichtigung zu bringen, entscheide ich mich für die Fähre bei Champasak. Die sandige Böschung geht es bei Lak 30 hinunter an das Ufer des Mekong. Dort führt der Weg zwischen einem halben Dutzend Garküchen ans Wasser, wo ein paar Bretter über zwei Bootsrümpfen die Fähre darstellen. Warum ich mit der BMW nicht über eine Planke auf die Plattform fahren darf wird mir spätestens klar, als bereits beim Draufschieben die ganze Konstruktion fast untergeht. Auch der Skipper sieht das alles mit gemischten Gefühlen und knöpft mir vermutlich unter anderem deswegen einen horrenden Preis für die Überfahrt ab.

Wat Phou diente angeblich als Vorlage für Angkor Wat in Kambodscha. Entsprechend gespannt war ich auf den Tempel. Bei der Besichtigung am kommenden Vormittag erkenne ich zwar durchaus Ähnlichkeiten im Baustil, doch bei den Dimensionen liegen Welten zwischen den beiden Bauwerken. Am längsten dauert der Auf- und Abstieg und allzu lang halte ich mich nicht auf.

Die Mekong-Fälle liegen im äußersten Süden, direkt an der Kambodschanischen Grenze. Angeblich sind sie in höchstem Maße beeindruckend, jedoch nicht ausreichend für eine Erwähnung in meinem Reiseführer, dem Lonely Planet Laos, Kambodscha, Vietnam & Northern Thailand, dem vermutlich unbrauchbarsten Buch in der gesamten Reiseliteratur.

Durch Zufall entdecke ich sie, als ich meinem Gefühl folgend von der Hauptstraße abbiege. Die Fallhöhe ist mit gut 20 Metern nichts Besonderes, doch die Breite mit immerhin 10 km machen sie zu den breitesten Wasserfällen der Erde.

Es ist drei Uhr nachmittags, als ich das Foto- und Videoprogramm abschließe und über den weiteren Verlauf des heutigen Tages nachdenke. Entweder bleibe ich noch in Laos und suche mir ein nettes Guesthouse oder ich fahre weiter nach Kambodscha. Dort hätte ich bis zur nächsten Stadt allerdings noch etwas Strecke zu machen.

Kaum zurück auf der Hauptstraße, verhindert ein Schlagbaum die Weiterfahrt. Die Grenze sollte erst in 12 Kilometern sein, entsprechend überrascht bin ich, als mich der Zoll herauswinkt. Der Blick in den Reiseführer verrät mir mehrere Hotels in Stung Treng, ca. 50 km hinter der Grenze. Jetzt wieder zurückzufahren, dazu habe ich auch keine Lust. Also gehe ich zum Zollgebäude, wundere mich etwas darüber, dass der Beamte mein Carnet in Socken und Unterhemd entgegennimmt, passiere den Schlagbaum und warte immer darauf, dass endlich die Grenze mit Polizei und dem ganzen Brimborium kommt. Doch die Karte hat Recht, gut 10 km bin ich noch unterwegs, bis ich vor einem gewaltigen Rohbau stehe... >>weiter lesen