Bisher hatte ich immer Glück und an den Grenzen sprang die Kuh sofort an, diesmal leider nicht. Unter den Augen des Oberzöllners bocke ich die Fuhre auf und hüpfe wieder auf dem Kickstarter herum. Das wird nichts, ist mir bald klar. Den immer grimmig blickenden Montenegrinischen Uniformträger zu bitten, mal kurz mein verdrecktes Krad anzuschieben, verkneife ich mir und probiere es nach dem gestrigen Erlebnis selbst. Prompt zündet der Motor nach den ersten Metern und ab geht es auf ein kurviges Sträßchen in die südliche Teilrepublik des ehemaligen Jugoslawiens.

Die Strecke ist super, kann ich auch keinerlei Gemeinsamkeiten mit dem Verlauf auf meiner Karte ausmachen. Kein Ortsname, kein Hinweisschild finde ich auf ihr wieder. Mehrmals halte ich an und frage: „Dubrovnik?“ Stets ist Nicken die Folge und man deutet geradeaus die Landstrasse hinunter. Den langen, mautpflichtigen Sozina Tunnel hätte ich bei meiner Streckenplanung gar nicht passieren müssen. Genau vor dem stehe ich jetzt aber. Die Antwort eines Polizisten, den ich mir erdreiste, in seinem Auto beim Zeitungslesen mit einer Frage nach dem richtigen Weg zu stören, geht in die gleiche Richtung. Seltsam. Ich knipse mein Licht an, bin froh, dass ich wenigstens das soweit hinbekommen habe und fahre die 6 km lange Röhre hinunter zum Meer.

Die E65 ist der absolute Traum. Perfekt ausgebaut windet sie sich oberhalb der kleinen Ortschaften entlang des Meeres. Grandios ist die Aussicht auf das vorgelagerte Sveti Stefan. Bei Kotor besteht die Möglichkeit, den Fjord-ähnlichen Einschnitt mit einer kurzen Fährpassage abzukürzen oder über eine winzige Strasse auszufahren. Ich entscheide mich für letzteres. Hier kann man es aushalten. Kleine Buchten, keine Hektik und alles in einer ursprünglichen Umgebung. Die Häuser sind unverputzt, die Mauern aus groben, naturbelassenen Steinen. All Inclusive ist hier ein Fremdwort. Einer der wenigen Orte in Europa, an dem ich mir vorstellen könnte, Urlaub zu machen.

Mit der Grenze zu Kroatien erreiche ich endgültig die EU. Ab jetzt ist „Durchwinken“ angesagt. So sehr ich am Beginn meiner Reise fast eine Freude hatte am Einreiseprozedere, so sehr hat es mich am Ende genervt. Gespannt war ich lediglich auf die kurze Strecke Bosnien und Herzegowina, die den kroatischen Küstenstreifen unterbricht, doch hier gibt es glücklicher Weise eine Transit-Regelung. Den kroatischen Küstenstreifen kenne ich vergleichsweise gut. Erst Ostern war ich mit der GS in Split, schieße daher von einem Aussichtspunkt oberhalb Dubrovniks einige Bilder und setze mich dann auf die Autobahn hinauf nach Norden.

8.000 km habe ich nun hinter mir, 108.000 sind es auf dem Tacho insgesamt. Langsam macht die Q darauf aufmerksam, dass sie etwas mehr Zuneigung möchte. Abgesehen von der Elektrik und dem siffenden rechten Gabelsimmering sind die Vergaser hoffnungslos verstellt, die Karre steht vor Dreck, aus einer Bohrung am linken Vergaser tropft ab und an etwas Sprit, der den Gummi an der Schaltwippe zerstört hat. Der rechte Alukoffer hat sich auf den schlechten Strassen und dem Geholper leicht nach innen geneigt und die Abdeckung zum Lager am Hinterradantrieb abgeschlagen sowie deutliche Spuren am Faltenbalg, der den Kardan schützt, hinterlassen. Alles leichte Blessuren, in Summe aber ein Zeichen dafür, dass es Zeit wird, heimische Gefilde aufzusuchen.

Noch ein Mal gönne ich mir etwa 150 km vor Rijeka ein Zimmer oberhalb einer Gostilna, trinke das leckere kroatische Bier, schreibe meinen Tagebucheintrag und betreibe Kartenstudium für den kommenden Tag. Doch diese Übung ist leicht. Ab hier ginge es auch ohne...  >>weiter lesen